Tschick, ein geeignetes Jugendbuch Teil 3&4

Diese Rezension ist Teil eines interaktiven Lesezirkels des „schmerzwach“-Blogs. Eigentlich in 4 Teile gesplittet, werde ich nun die letzten beiden Rezensionteile zusammenziehen.

Jugendliebe auf Reisen

Herrndorf deckt witzig die Gefühle der Liebe auf

Es ist nun schon einige Tage her, dass ich „Tschick“ gelesen habe, aber einige Szenen sind mir immer noch im Kopf geblieben, was für das Buch spricht. Da wäre beispielsweise Maiks Entwicklung. Der kleine, unscheinbare Junge, wie er vorkommt, der von sich ein Bild hat, das aber nicht mit der Realität übereinstimmt. Dies bemerkt man spätestens in einem Gespräch zwischen Tschik und Maik, als Tschick ihm erklärt, dass es so aussehe, als würde Maik niemandem Beachtung schenken. Aber gut, diese Realitätsferne liegt wohl ein bisschen in jedem von uns, woher wollen wir schon wissen, dass wir von den Mitmenschen so wahrgenommen werden, wie wir denken, dass wir wahrgenommen werden — wir haben immerhin nicht alle einen Tschik, der uns darauf aufmerksam macht.

Persönlich bin ich kein Fan wieder Roadmovies, wo es immer heiß hergeht und der Focus im Vorankommen der Reisenden und der Entwicklung liegt. Sicherlich ist das alles eine hübsche Motivik, die sich auch außerordentlich eignet, um besondere Missstände zu verdeutlichen, dennoch halte ich gezielte Settings besser, als dieses ewige Herumgereise. Komischerweise hat mich gerade dieses Herumgereise bei „Tschick“ nicht gestört, nein, ich habe es sogar als angenehm empfunden. Das Herausheben Maiks durch Tschick aus seiner alltäglichen Welt, aus diesem verkorksten Haus, in dem er lebt, ist eine Art Befreiungsschlag. Maik kann sich das erste Mal in seinem Leben frei fühlen. Und das ist es auch, was ich sehr gelungen an dem Roman finde.

Maik hat durch Tschick die Möglichkeit, sich auf der „Straße“, also auf der Reise, zu etablieren. Sie müssen so einige Notsituationen bestehen, die der schöne Jüngling mit Mutter auf der Beautyfarm, die keine ist, und Vater mit der Kollegin im Bett, ohne Tschick niemals bestanden hätten. Erinnern wir uns doch allein an die Szene, in der die beiden den Kaufland suchen, aber auf einen kleinen Jungen treffen, der ihnen nicht sagen kann, wo der Risenkomplex im Dorf steht, weil sie immer beim Dorfladen kaufen. Sicherlich keine Notsituation das nachfolgende Essen bei der fremden Familie, aber eine, in der sowohl Tschick als auch Maik erkennen, was für Arten von Geborgenheiten in Familien zustande kommen können.

Die Situation mit dem Unfall und anschließendem Aufenthalt im Krankenhaus — wenn bei mir das nächste Mal jemand klingelt mitten in der Nacht und ich ans Telefon gehe, hoffe ich, dass ich genau so einem kleinen Maik helfen kann.

Der Mittelteil überzeugt mich, trotz Road voll und ganz — das Ende hingegen …

Durch den Anfang haben wir eine eigentlich festgelegte Handung. Es war klar, dass Maik den Weg zum Unfall beschreibt, der Leser weiß „da kommt noch was“. Die Anschlussstelle ist für mich hingegen nicht gelungen, dieses Spiel am Ende, wo Maik an Stärke gewinnt, von Polizisten aus der Klasse gerufen wird und Tschick scheinbar (ganz genau betrachtet) zur Stärkung von Maiks Position verdeckt bleibt, ist unzureichend abgebaut, zu schnell abgekatert. Unglaubwürdig erfolgen für mich die Änderungen im heimischen Haus — und die Mutter hätte bitte auch ihre Möbel nicht in den Pool werfen müssen, auch wenn dies als Befreiungsschlag aus dem alten Leben zu lesen ist.

Das abschließende Fazit ist hingegen positiv. Gerade für Jugendliche ist dieses Buch sehr geeignet, um sich gemeinsam mit Tschick und Maik ein bisschen zu entwickeln. Die Fahrt ist turbulent und spannend, es wird alles so liebevoll und verständisvoll geschildert, dass ich dieses Buch jedem Jugendlichen empfehlen würde!

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